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Uwe Büttner | Gebäudereinigermeister, Berater und Sachverständiger für das Gebäudereiniger-Handwerk, Nürnberg
»Die Jagdmethoden der Branche werden immer bizarrer – auf beiden Seiten. Auftragsversteigerungen im Internet sind der Gipfel der Abart, sich einen Gebäudereiniger zu schanghaien.«

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„Billig will ich“, „Geiz ist geil“, „nimm drei, zahl zwei“ – das sind Reize, die das Jägerherz höher schlagen lassen und die Adrenalinproduktion mächtig ankurbeln, mit oftmals desaströsen Folgen. Wenn beim Gebäudereiniger der Jagdinstinkt geweckt ist und die Adrenalinpumpe kurz vor dem Kollaps steht, könnte ein potenzieller Kunde mit einer Auftragsversteigerung im Internet auf Gebäudereinigerfang sein. Gier frisst Hirn. Die Jagdmethoden der Branche – sowohl auf Kunden- als auch auf Dienstleisterseite – werden immer dreister und nehmen zum Teil bizarre Formen an. Eine elektronische Auktion (wer kennt das Drama nicht?) ist im Allgemeinen der Gipfel der Abart, sich einen Gebäudereiniger zu schanghaien. Schanghaien heißt wörtlich übersetzt „gewaltsames Rekrutieren“. Eben dies passiert allzu oft bei Aufträgen, die im Internet versteigert werden. Das Prinzip kennen wir von diversen Internet-Auktionshäusern: drei, zwei, eins – meins!

Nur funktioniert dieses Prinzip bei der Auftragsversteigerung umgekehrt: Der billigste Bieter erhält den Zuschlag. Üblicher weise gehen Aufträge, die versteigert werden, mit etwas 30 Prozent unter Preis über den Internettisch. Mal ehrlich: Wie kann ein Dienstleister eine Leistung kalkulieren und sich dann durch solche unseriösen Nachlässe un – glaubwürdig machen und die Fachkompetenz der ganzen Branche in Frage stellen?! Da wird dann gerne mal bei der Auftragserbringung mächtig an den Eckpfeilern des Entsendegesetz gerüttelt und geschüttelt, um mit dem Wahnsinnspreis, zu dem sich der adrenalingeschwängerte Ersteigerer hat hinreißen lassen, überleben zu können. Nicht ohne Grund hat die Finanzkontrolle Schwarzarbeit im Jahr 2011 rund 30 Millionen Euro an Geldbußen und insgesamt 1.100 Jahre Gefängnis für Vergehen gegen das Entsendegesetz verhängt. Den größten Block teilen sich das Baugewerbe und die Gebäudereiniger.

Ist es erst ein mal so weit, dass der Zoll beim Ersteigerer anklopft, ist in den meisten Fällen Schluss mit lustig beim Gebäudereiniger. Seine Existenzgrundlage, sein Ruf und seine Reputation in der Branche sind in Frage ge – stellt. Mit einem Inhaber oder der Geschäftsführung in Untersuchungshaft und einem wegen des Zolls aktenfreien Büros gehen die Chancen, noch einmal ein Bein auf den Boden zu bekommen gegen Null. Mir persönlich sind drei Unternehmen bekannt, die genau diesen Weg gegangen sind und heute nicht mehr am Markt präsent sind. Übrigens: Einer der Akteure genießt entspannt noch mindestens weite fünf Jahren auf Staatskosten. Gut zu wissen, dass der BIV sich gerade stark dafür engagiert, dass in der anstehenden Vergabereform die Möglichkeit der Internetversteigerung bei Dienstleistungsaufträgen ausgeschlossen wird. Denn Gier frisst Hirn – und Existenz.

Uwe Büttner